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Zu den aktuellen Entwicklungen in der Partei "Die Linke"

Initiative "Frieden-links" zu den aktuellen Entwicklungen in der Partei "Die Linke"

DIE LINKE ohne Liebknecht?
Wer keinen Halt hat, stürzt

Vereinzelt vor der Bundestagswahl, geballt danach fordern führende Köpfe der LINKEN einen Kurswechsel vor allem in der Außenpolitik; so die Vorsitzenden, der Bundesgeschäftsführer und aus dem Parteivorstand[1][#_ftn1]. Unterschiedlich gewichtet, führen sie drei Argumente ins Feld:



1. Das Thema Außenpolitik, v.a. die linke NATO-Kritik, sei für den Wahlkampf nicht so erheblich, es spiele laut Umfragen für die Stimmabgabe kaum eine Rolle.

Die Umfragen stammen aus einem Wahlkampf, in dem alle anderen Parteien und die mediale Öffentlichkeit DIE LINKE wegen ihrer NATO-Ablehnung als regierungsuntauglich dargestellt haben. Sich auf diese Fake-Demoskopie zu stützen, ist abenteuerlich. Abenteuerlich auch die geschichtliche Vergessenheit: Karl Liebknecht war am 2.Dezember 1914 im ohrenbetäubenden Gebrüll des Hurra-Patriotismus der einzige Reichstagsabgeordnete, der gegen die Kriegskredite gestimmt hat. Karl Liebknecht ermutigte andere, ebenfalls ihrem Gewissen und ihren Überzeugungen zu folgen. Wer in der entscheidenden Frage von Kriegsvorbereitungen nicht als Partei „nein“ sagt, macht den Scheidemann.Entgegen der Fake-Demoskopie will die überwältigende Mehrheit der Bevölkerung Frieden, Abrüstung, ein gutnachbarschaftliches Verhältnis zu Russland. Genau das verhindert die NATO. Sie zerstört Frieden mit ihren Kriegen gegen Jugoslawien, Syrien, Afghanistan, den Kriegen der Willigen im Irak und Libyen. Sie feuert die Aufrüstung an. Laut SIPRI betrugen die weltweiten Rüstungsausgaben im Jahr 2020 knapp zwei Billionen Dollar, das sind alle vier Stunden (!) eine Milliarde Dollar. Allein das ist ein Verbrechen gegen die Menschheit und zudem an Ressourcen, Böden, Wasser, Luft. Mit fast 45 Prozent der Welt-Rüstungsausgaben sind die NATO-Staaten die Antreiber, auf China entfallen 13 Prozent, 3,1 auf Russland. Mit ihrer Osterweiterung, mit ihren „Farbenrevolutionen“ in Georgien, der Ukraine, Kirgisien kreist die NATO Russland ein. Wer nicht nur Frieden ersehnen, wer Frieden machen will, muss die NATO überwinden.

2. Der LINKEN werde vorgeworfen, sie folge doppelten Standards im Völker- und im Menschenrecht. Deshalb müsse ihre Außenpolitik jetzt klar menschenrechtsbasiert werden.

Auf Parteitagen der LINKEN wird – noch – gesungen: „Die Internationale erkämpft das Menschenrecht“. Gleiche Rechte für alle Menschen, ist der Kern linker (demokratisch-sozialistischer, sozialistischer, kommunistischer) Politik. Warum jetzt die Angst, dass eine friedensbasierte Außenpolitik Menschenrechten widersprechen könnte? Weil dieser Widerspruch von anderen aufgemacht worden ist, nicht zuletzt von den Grünen. Sie verschärfen mit ihrer „menschenrechtsbasierten Außenpolitik“ die Spannungen gegenüber Russland, indem sie jetzt der Aufrüstung zustimmen, Sanktionen, Blockaden, Boykotte fordern und „Farbenrevolutionen“ fördern. „Den Kompass neu ausrichten“ haben die beiden LINKEN-Vorsitzenden ihr Strategiepapier überschrieben. Ein Kompass richtet sich immer nach den Polen; damit er eine andere Richtung anzeigt, müssen die Pole ausgetauscht oder die Achse verschoben werden. Mit einer vorgeblich menschenrechts- als Ersatz für eine friedensbasierte Außenpolitik sollen nicht nur die „roten Haltelinien“ fallen, sondern ist der Kern sozialistischer Politik infrage gestellt.

3. Die EU sei „ein Bezugspunkt für eine globale Zivilgesellschaft und könnte zentraler Ansatzpunkt für eine solidarische Weltordnung sein,

wenn sie grundlegend verändert würde“, schreibt der LINKEN-Bundesgeschäftsführer Jörg Schindler. Eine „globale Zivilgesellschaft“ ist eher nicht in Sicht, aber abgesehen davon sieht die Bevölkerung in Griechenland in der EU statt eines (positiven) „Bezugspunkts“ wohl eher eine Demokratie verachtende Institution zur Kneblung von Volkserhebungen. Genau das hat die Troika aus Internationalem Währungsfonds, Europäischer Zentralbank und Europäischer Kommission im Jahr 2015 in Griechenland angerichtet. Im Kalten Krieg als – damals noch als EWG – westliches Wirtschaftsbollwerk gegründet, ist aus der Europäischen Union längst ein militaristischer, undemokratischer, neoliberaler Block geworden. Für Teile der LINKEN ist die EU ein – wenn nicht DAS – Subjekt einer gesellschaftlichen Veränderung. Bislang hat die Union zwar nicht in jedem Fall die schlechtesten, aber schlechte Standards in EU-Europa verallgemeinert: Schlechteren Arbeitsschutz, Aushöhlung der öffentlichen Daseinsvorsorge, Öffnung aller Schranken für das internationale Finanzkapital – und nun noch die immer engere Verquickung mit der NATO zu einem wirtschaftlichen und militärischen Kampfbündnis. Ausgerechnet diesen Block positiv als Subjekt der Veränderung zu werten, entbehrt jeglicher Grundlage.

Im Angesicht wachsender Kriegsgefahr ist es ein Vergehen, den Friedenskampf klein zu reden. DIE LINKE sollte dabei nicht mitmachen.


Reiner Braun, Berlin, International Peace Bureau, Kampagne Stopp Air Base Ramstein | Wolfgang Gehrcke, Berlin, Mitglied des Gesprächskreises Friedens- und Sicherheitspolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung | Heike Hänsel, Tübingen, Die LINKE, Mitglied u.a. in attac, ver.di | Ulla Jelpke, Berlin, Mitherausgeberin von ‚Ossietzky‘, Mitglied u.a. in ‚Sea-Watch‘ | Kristine Karch, Düsseldorf, Co-Sprecherin internationales Netzwerk ‚No to war – No to NATO‘, Kampagne Stopp Air Base Ramstein | Prof. Dr. Karin Kulow, Berlin, Nahost- und Islamwissenschaftlerin | Ekkehard Lentz, Bremen, Sprecher Bremer Friedensforum | Pascal Luig, Berlin, NaturwissenschaftlerInnen-Initiative Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit e.V. (NatWiss), Kampagne Stopp Air Base Ramstein | Dr. Alexander Neu, Rhein-Sieg-Kreis, Politologe | Willi van Ooyen, Frankfurt/M., Aktivist der Friedens- und Sozialforumsbewegung, Bundesauschuss Friedensratschlag, Ostermarschbüro | Prof. Dr. Norman Paech, Hamburg, emeritierter Professor für Politikwissenschaft und für Öffentliches Recht | Karl Heinz Peil, Frankfurt/M. Friedens- und Zukunftswerkstatt e. V., verantwortlicher Redakteur des ‚Friedensjournal‘ | Christiane Reymann, Berlin, Publizistin | Prof. Dr. Werner Ruf, Edermünde, Kasseler Friedensforum, Mitglied des Gesprächskreises Friedens- und Sicherheitspolitik der Rosa-Luxemburg-Stiftung | Bernhard Trautvetter, Essen, Mitbegründer Netzwerk Schule ohne Bundeswehr NRW, Sprecher Essener Friedensforum, VVN-BdA, GEW | Winfried Wolf, Potsdam, Chefredakteur Zeitung gegen den Krieg.

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