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Die zunehmende Bedrohung durch Nuklearwaffen

Der Ukraine-Krieg und die zunehmende Bedrohung durch Nuklearwaffen

18. Juni 2022 Klaus-Dieter Kolenda

Redebeitrag anläßlich der Protestaktion gegen Baltops 2022 am Flandernbunker vor der Tirpitzmole über die neue atomare Aufrüstung

Als Mitglied der Kieler Gruppe der IPPNW, das ist die Abkürzung für die Organisation "Internationale Ärztinnen und Ärzte gegen den Atomkrieg und für soziale Verantwortung", die 1985 den Friedensnobelpreis erhalten hat, möchte nachdrücklich auf die uns alle bedrohende Atomkriegsgefahr hinweisen, die mit dem seit Monaten tobenden Ukraine-Krieg verbunden ist.

Der renommierte US-Politologe John Mearsheimer gehört zu den Wissenschaftlern, die sagen, dass für die seit 2014 schwelende Ukraine-Krise der Westen die Hauptverantwortung trägt und es sich bei dem Ukraine-Krieg im Grunde um einen Krieg zwischen den USA und Russland handelt, mit den Ukrainern als Stellvertreter auf dem Schlachtfeld.

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Ursache der Krise sei, dass die US-Regierung die Ukraine in die Nato aufnehmen und Russland in die Knie zu zwingen will. Mearsheimer und andere Analysten warnen vor den Folgen: Es sei die gefährlichste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg, die zu einem Atomkrieg eskalieren könne.

Die Atomkriegsgefahr ist wieder real

Im jährlichen Bericht des Stockholmer Friedensforschungsinstitut Sipri, der kürzlich veröffentlicht wurde, ist von einem beunruhigenden Trend die Rede: Dem Papier zufolge hat das Risiko eines Atomwaffeneinsatzes nun den höchsten Stand seit den Zeiten des Kalten Krieges erreicht

Laut dem Bericht der Organisation besitzen Russland und die USA mit einer Anzahl von jeweils rund 6.000 zusammen über 90 Prozent aller in der Welt vorhandenen Nuklearwaffen.

Alle neun Atommächte seien entweder dabei, neue Waffensysteme zu entwickeln und zu stationieren, oder hätten dies angekündigt. China erweitere derzeit sein Atomwaffenarsenal beträchtlich, was Satellitenbildern zufolge auch den Bau von über 300 neuen Raketensilos umfasst. Experten gehen daher davon aus, dass die Zahl der Atomwaffen auf der Welt in den nächsten zehn Jahren weiter zunehmen wird.

Obwohl im vergangenen Jahr mit dem Inkraftsetzen des Atomwaffenverbotsvertrags, auf den ich am Schluss noch kurz eingehen werde, bei der weltweiten Kontrolle der Atomwaffen ein Fortschritt erzielt wurde, ist nach Einschätzung des Sipri-Direktors das Risiko des Einsatzes von Atomwaffen heute höher als jemals zuvor seit dem Höhepunkt des Kalten Krieges 1991. Der Grund dafür ist die zunehmende Verschlechterung der Beziehungen zwischen den Atommächten der Welt.

Kuba-Krise 1962

Ich gehöre zu der älteren Generation, deren Angehörige sich aus eigenem Erleben noch an die dramatischen Tage der Kuba-Krise im Oktober und November 1962 erinnern können.

Diese Krise zwischen den beiden damaligen Supermächten USA und Sowjetunion wurde durch einen Kompromiss beendet, bei dem Nikita Chruschtschow die von den USA als bedrohlich angesehenen russischen Raketen in Kuba abzog und im Gegenzug John F. Kennedy auf entsprechende in der Türkei stationierte Atomraketen verzichtete.

Wir wissen heute, dass dieser Kompromiss, der 1962 eine atomare Katastrophe gerade noch verhindert hat, das Ergebnis einer mündlichen Absprache zwischen den beiden verantwortlichen Politikern hinter dem Rücken der Militärs und der Geheimdienste gewesen ist. Deshalb war ein Mindestmaß an gegenseitigem Vertrauen Voraussetzung für ein derartiges Übereinkommen.

Dieses notwendige Vertrauen auf Seiten Russlands ist durch die Politik der Nato-Osterweiterung seit 1999, durch eine in den letzten Jahren ständig zunehmende und zuletzt maßlose russlandfeindliche Propaganda in unseren Hauptmedien und durch die beispiellosen Wirtschaftssanktionen des Westens gegenüber Russland jedoch weitgehend zerstört worden.

Man fragt sich, wie auf dieser Basis noch vernünftige Gespräche bei den hoffentlich bald beginnenden Friedensverhandlungen zwischen den Verantwortlichen beider Seiten zu führen sind, mit dem dieser schreckliche Krieg in der Ukraine beendet